GESCHÄFTSBERATUNG

International Financial Reporting Standard 17 - Versicherungsverträge

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Im Mai 2017 veröffentlichte das International Accounting Standards Board nach fast 20 Jahren Entwicklungszeit IFRS 17 „Versicherungsverträge“. IFRS 17 ersetzt vollständig den aktuellen IFRS 4 (veröffentlicht im März 2004) und die vollständige Anwendung des neuen Standards tritt für Geschäftsjahre in Kraft, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen.

IFRS 4 war eigentlich als eine Art temporärer Standard konzipiert, der es Versicherungsunternehmen ermöglichen würde, weiterhin Rechnungslegungsmethoden anzuwenden, die gemäß ihren früheren lokalen Rechnungslegungsstandards entwickelt wurden. In der Praxis bedeutete dies, dass Unternehmen viele verschiedene Ansätze zur Bilanzierung von Versicherungsverträgen verwendeten, was es sehr schwierig machte, die Jahresabschlüsse und Ergebnisse ähnlicher Unternehmen zu vergleichen. IFRS 17 adressiert effektiv die durch IFRS 4 verursachten Vergleichbarkeitsprobleme: Er verlangt, dass alle Versicherungsverträge auf konsistente und transparente Weise bilanziert werden, was sowohl für Investoren als auch für Versicherungsunternehmen von großem Vorteil ist.

 

Die wichtigsten Änderungen in IFRS 17 beziehen sich auf die Methodik zur Bewertung von Versicherungs- und Rückversicherungsverträgen und auf die Erläuterungen zu Versicherungs-, Rückversicherungs- und ermessungsabhängigen Anlageverträgen. Für die Bewertung von Versicherungsverträgen in den Jahresabschlüssen von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen stellt IFRS 17 Unternehmen drei Modelle zur Verfügung: General Measurement Model (GMM), Premium Allocation Approach (PAA) und Variable Fee Approach (VFA).

Weiterhin bietet IFRS 17 ein Wahlrecht hinsichtlich der Bilanzierung des Zinseffekts aus der Abzinsung. Ziel bei der Entscheidung über die Nutzung des Wahlrechts ist es, Schwankungen des Barwerts aus der Bewertung von Finanzinstrumenten möglichst durch die Diskontierung zukünftiger Zahlungsströme nach IFRS 17 auszugleichen und die Volatilität der Ergebnisse dabei zu reduzieren.

 

Umfang und Anwendungsbereich des Standards

IFRS 17 gilt für alle vom Unternehmen ausgestellten Versicherungsverträge (einschließlich Rückversicherungsverträge), vom Unternehmen gehaltene Rückversicherungsverträge und Kapitalanlageverträge mit ermessensabhängiger Überschussbeteiligung.

Gemäß den Bestimmungen des IFRS 17 ist ein Versicherungsvertrag ein Vertrag, auf dessen Grundlage eine Partei (der Aussteller) ein erhebliches Versicherungsrisiko von einer anderen Partei (dem Versicherungsnehmer) übernimmt und sich bereit erklärt, dem Versicherungsnehmer eine Entschädigung für den Fall zu zahlen, dass der Versicherungsnehmer Schäden aufgrund eines ungewissen zukünftigen Ereignisses (Versicherungsfall) erleidet. Diese Definition ähnelt der in IFRS 4 und hat sich nicht wesentlich geändert.

Gegenstand des am 18. Mai 2017 veröffentlichten neuen Standards für Versicherungsverträge, der für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2023 beginnen, in Kraft tritt, ist die Darstellung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten aus Versicherungsverträgen in Abschlüssen, die gemäß IFRS erstellt wurden.

 

Bewertung

Bei erstmaligem Ansatz ist eine Gruppe von Versicherungsverträgen zu bewerten als die Summe aus: 

  1. dem Erfüllungswert, der sich zusammensetzt aus: 
  1. Schätzungen der zukünftigen Zahlungsströme
  2. einer Anpassung, die den Zeitwert des Geldes und die finanziellen Risiken, die mit den zukünftigen Zahlungsströmen verbunden sind, widerspiegelt, sofern die finanziellen Risiken nicht bei den Schätzungen der zukünftigen Zahlungsströme berücksichtigt wurden; und 
  3. einer Risikoanpassung für nicht-finanzielle Risiken 

b) der vertraglichen Servicemarge, (Die vertragliche Servicemarge ist eine Komponente des Vermögenswerts oder der Verbindlichkeit für die Gruppe von Versicherungsverträgen. Sie stellt den noch nicht realisierten Gewinn dar, den das Unternehmen bei der zukünftigen Erbringung von Leistungen gemäß dem Versicherungsvertrag ausweisen wird.)

 

Ausweis in der Bilanz 

Gemäß den Vorschriften des IFRS 17 hat ein Unternehmen in der Bilanz den Buchwert der folgenden Portfolios getrennt auszuweisen: 

a) ausgestellte Versicherungsverträge, die Vermögenswerte sind; 

b) ausgestellte Versicherungsverträge, die Verbindlichkeiten sind; 

c) gehaltene Rückversicherungsverträge, die Vermögenswerte sind; und 

d) gehaltene Rückversicherungsverträge, die Verbindlichkeiten sind.

Ein Unternehmen hat die in der Gewinn- und Verlustrechnung und die im sonstigen Ergebnis erfassten Beträge zu untergliedern in: 

  1. ein versicherungstechnisches Ergebnis, bestehend aus den versicherungstechnischen Erträgen sowie den versicherungstechnischen Aufwendungen; 

und 

b) versicherungstechnische Finanzerträge oder -aufwendungen 

Erträge oder Aufwendungen aus gehaltenen Rückversicherungsverträgen sind getrennt von den Erträgen und Aufwendungen aus ausgestellten Versicherungsverträgen darzustellen.

Die erfolgswirksam ausgewiesenen versicherungstechnischen Erträge und Aufwendungen dürfen keine Kapitalanlagekomponenten beinhalten.

 

Bewertung der Erträge aus Versicherungsverträgen

Die Umsatzrealisierung ist ein Bereich, in dem die Grundsätze von IFRS 17 eine wesentliche Änderung gegenüber den verschiedenen zuvor angewandten lokalen Standards, einschließlich IFRS 4, darstellen. Früher wurden Umsatzerlöse häufig erfasst und ausgewiesen, z. B. gemäß der erhobenen Prämie (Lebensversicherung).

Umsatzerlöse stellen gemäß IFRS 17 die gesamte Veränderung der Verbindlichkeit für Deckungsrückstellung dar, die sich auf Deckungen und Dienstleistungen während des Zeitraums beziehen, für den das Unternehmen erwartet, eine Entschädigung zu erhalten.

 

Belastende Verträge 

In Übereinstimmung mit den Verordnungen von IFRS 17 gelten Versicherungsverträge bei ihrem erstmaligen Ansatz als belastend, wenn die dem Vertrag zugeordneten Erfüllungswerte, die im Vorfeld angesetzten Zahlungen für Abschlusskosten und etwaige sich aus dem Vertrag zum Zeitpunkt seines erstmaligen Ansatzes ergebende Zahlungsströme insgesamt zu einem Nettomittelabfluss führen. 

In Übereinstimmung mit den Anforderungen des Standards, sind diese Verträge von nicht belastenden Verträgen abzugrenzen. Ein Unternehmen kann die Gruppe belastender Verträge durch Bewertung einer Reihe von Verträgen (anstatt einzelner Verträge) festlegen. Ein Unternehmen hat in Bezug auf den Nettomittelabfluss für die Gruppe belastender Verträge einen Verlust erfolgswirksam zu erfassen, wobei der Buchwert der Verbindlichkeit der Gruppe den Erfüllungswerten entspricht und die vertragliche Servicemarge gleich null ist.

 

 

Datenquelle: Grant Thornton International, IFRS 17 Insurance contracts